Sonntag, 26. Mai 2024

Ein Dilemma

Der Klimawandel ist traurige Realität. Behaupte ich hier einfach mal so. Unsere Gesprächspartner in der Bar in Sundance hätten dem sicher leidenschaftlich widersprochen, waren sie diesbezüglich doch mit alternativen Fakten ausgestattet und gingen sogar soweit, die fossilen Energieträger als the cleanest energy zu bezeichnen. Den Versuch dagegen anzureden, haben wir gar nicht erst unternommen. 

Während der Reise tauschen Mario und ich uns viel über alle möglichen Themen aus und wenn es auch unangenehm sein mag, bildet unser reisebedingter Ressourcenverbrauch da keine Ausnahme. In den Medien ist alles, was damit in Zusammenhang steht, ja ohnehin omnipräsent. Das war bei Beginn der Reise vor zehn Jahren noch nicht der Fall. War man damals noch sorgloser? Vermutlich schon. Mit unseren beiden Motorrädern verbrauchen wir zusammen ungefähr soviel Benzin wie ein großer Mittelklassewagen. Bei schnellen Autobahnetappen sogar mehr. Marios Motorrad ist so alt, dass es noch nicht mal einen Katalysator hat. Und die Flüge, um zu den Orten zu kommen, von denen unsere jeweiligen Reisen starten, wurden konzeptbedingt während all der Jahre auch immer länger. Dass wir, seit wir nach Nordamerika anreisen, immer Business buchen, macht den Fußabdruck nochmal zusätzlich größer. Für mich stellt das leider die einzig menschenwürdige Art zu fliegen dar, gleicht die Economy doch, wenn man ganz ehrlich ist, mehr einem Viehtransport.

Und genau da liegt das Dilemma. Mein Eindruck ist, dass die Menschen, die den Klimawandel ernst nehmen, durchaus gewillt sind, sich einzuschränken, aber eben nur da, wo es nicht allzu weh tut. Und beim Urlaub schon mal gar nicht. Den hat man sich schließlich verdient. Raus aus dem Alltag, rein in die schönsten Wochen des Jahres. Das gilt auch für uns. Diese Reise ist in ihrer Regelmäßigkeit fester Bestandteil unseres Lebens geworden und die Vorfreude begleitet uns das ganze Jahr über. Deswegen geht es trotz oder vielmehr mit dem Dilemma im Gepäck weiter, Klima hin oder her.

Nun aber Schluss mit dem Geschwurbel und zurück zum Reiseverlauf. Nach dem Abend in der Bar mit den netten Verschwörungstheoretikern hatten wir in unsere Route noch ein paar Schikanen durch die Black Hills eingebaut, um das Meilengeschruppe durch die Great Plains ein weiteres bisschen aufzuschieben. Zwischendurch hat es dann mal sehr ordentlich geschüttet, was wir aber ganz gelassen in einem Imbiss in einer disneylandartigen Stadt namens Deadwood bei Kaffee und Gebäck abgewartet haben.

Ganz am Ende des Tages musste der Vollständigkeit halber noch Mount Rushmore abgehakt werden. Das sind diese Präsidentenporträts, die einer in die Berge gepickert hat. Wenig überraschend war es ein typisches Touristenspektakel. Die Zufahrtsstraße ist gesäumt von unendlich vielen Restaurants und Souvenirshops. Wenn man die hinter sich gebracht hat, geht’s in ein Parkhaus (10$ pro Motorrad😠), man geht ein paar Schritte zu Fuß und findet sich dann sogleich in einer Traube Touristen wieder, die alle dasselbe Foto machen und wieder gehen. Mit diesen Eindrücken konfrontiert, meinte Mario nur ganz trocken „Guck mal, da links bei dem dicken Felsen ist noch Platz für den größten Präsidenten aller Zeiten.“ Mit Gelächter zogen wir wieder von dannen und ließen den Tag in unserem Hotel in Rapid City ausklingen. 





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