Halbzeit! Wiedermal sind wir mit dem Bloggen arg ins Hintertreffen geraten; mittlerweile liegen nicht weniger als sieben Parks und knapp 5000 km hinter uns. Es ist nicht so, dass ich es nicht immer wieder mal mit dem Schreiben probiert hätte, aber ich hatte ständig das Gefühl, meine Gedanken nicht adäquat zu „Papier“ bringen zu können und löschte ein aufs andere Mal frustriert jeden neuerlichen Versuch.
Das Reisen fühlt sich in diesem Jahr irgendwie anders an. Es ist manchmal gerade so, als wäre unser vordergründiges Ziel lediglich das Abspulen von nicht enden wollenden Meilen auf schnurgeraden Highways. So etwas wie Nationalparks scheinen eher zufällig am Wegesrand zu liegen und werden quasi im Vorbeigehen mal eben mitgenommen. Dabei ist die aktuelle Kilometerleistung mit vorherigen Etappen durchaus vergleichbar. Der Unterschied besteht daher womöglich in einer Melange aus viel Strecke in einer doch regelmäßig sehr eintönigen Landschaft, dem Umstand, bauartbedingt langsamer als erlaubt unterwegs zu sein und, weil der Amerikaner erst dann überholt, wenn am Horizont wirklich kein entgegenkommendes Fahrzeug ausgemacht werden kann, einen immer länger werdenden Stau hinter sich herzuziehen und der Notwendigkeit, jeden einzelnen Tag sorgfältig bis ins Kleinste vorzuplanen zu müssen.
Die Urlaubssaison hat begonnen und ganz offensichtlich verbringen auch die Amerikaner ihren Urlaub gern genau dort, wo wir gerade sind. Regelmäßig sind die Unterkünfte an unserem Ziel, insbesondere die Campingplätze, komplett ausgebucht. Und an langen Wochenenden wie an diesem, rund um den Memorial Day, werden astronomische Preise aufgerufen.
In nahezu jedem Park gibt es irgendwelche Restriktionen. Teilweise benötigt man einen "timed entry permit", also eine Zutrittsberechtigung zu einer bestimmten Uhrzeit. Bei anderen Sehenswürdigkeiten ist der Zugang sogar auf wenige Touristen pro Tag begrenzt, und die erforderlichen Permits wurden bereits Monate im Voraus vergeben. So landeten einige Highlights leider bereits frühzeitig auf der Streichliste. Und häufig dürfen Teile der Parks nicht mit dem eigenen Fahrzeug befahren werden, sondern man muss in einen kostenlosen Bus-Shuttle umsteigen. Das alles tut den Parks und ihrer kostbaren Natur zweifelsohne gut, stellt uns aber immer wieder vor Probleme. Beispielsweise, wie sollen wir es bei einer langen Anfahrt einrichten, zu einer vorgegebenen Zeit pünktlich am Parkeingang zu sein? Oder sollen wir unsere Motorräder mit dem ganzen Gepäck wirklich einen halben Tag auf einem riesigen, unübersichtlichen Parkplatz unbeaufsichtigt stehen lassen?
Zudem sind viele Parks aufgrund von Überschwemmungen, Winterstürmen und/oder Bränden ganz oder in weiten Teilen geschlossen und Zugangsstraßen schlicht unpassierbar. Sequoia NP fällt aus diesem Grund leider komplett aus, Yosemite steht auf der Kippe.
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Nachdem wir unsere Zelte auf dem Campingplatz im Zion abgebrochen hatten, ging es weiter in Richtung des Bryce Canyon NP, ein zuweilen mühsames Unterfangen. Es gibt nur drei Zufahrtsstraßen aus bzw. in den Park; unsere Ausreise erfolgte über den Zion-Mount-Carmel-Tunnel, der immer jeweils nur für eine Fahrtrichtung freigegeben wird, was für entsprechende Staus in der Gegenrichtung sorgt. Trotzdem kamen wir schon gegen Mittag in unserem Hotel an, durften dankenswerterweise bereits unser Zimmer beziehen und konnten so ohne Gepäck in den Park rollen. Wir sind den Scenic Drive, eine 18 km lange Stichstraße, zunächst komplett bis zum Ende gefahren, um dann auf dem Rückweg, verfolgt von einer dicken Gewitterwolke, an nahezu allen Aussichtspunkten Halt zu machen. Den letzten haben wir uns, da vom Gewitter letztlich ein- und überholt, geschenkt.
Bereits am nächsten Tag ging es weiter, es war wieder einiges an Kilometern angesagt; Moab war unser Ziel und Ausgangspunkt für den Besuch von Arches und dem Dead Horse Point State Park. Auf halber Strecke haben wir einen kleinen Umweg in Kauf genommen und sind bei Hanksville auf eine Schotterstraße eingebogen, wo sich uns nach wenigen Kilometern spektakuläre Fotomotive grotesker Felsformationen boten.
Eingebucht hatten wir uns für zwei Nächte im Moab Valley Inn. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, befindet sich die Moab Brewery, so dass wir uns um die Abendgestaltung keine großen Gedanken machen mussten und, ohne groß zu überlegen, auf den alltäglichen Standard, Bier, Burger und Fritten, zurückgreifen konnten. Um 18 Uhr wurden dann die übrig gebliebenen Permits für den nächsten Tag im Arches freigeschaltet, und ich konnte einen Slot ergattern, Einfahrt zwischen 8 und 9 Uhr.
Am nächsten Morgen sind wir zuerst zum wohl bekanntesten Fotomotiv, dem Delicate Arch, gefahren. Dort „mussten“ wir uns auf dem Parkplatz in aller Öffentlichkeit zunächst umkleiden; Motorradklamotten aus, kurzes Hösi an. Die Wanderung bergauf zum Arch hätte in Motorradkluft nicht nur albern ausgesehen, sondern wäre in der Tat auch zu schweißtreibend gewesen.
Am frühen Nachmittag war der Park dann soweit erledigt, dass wir uns auf den Weg zum zweiten Tagesordnungspunkt, dem Dead Horse Point State Park, machen konnten. Auf ca. 1700 m Höhe hatten wir dort einen wahrlich besonderen Ausblick auf den 600 m tiefer gelegenen Colorado River, der an dieser Stelle eine 180-Grad-Kehre macht. Hier haben wir dann zum ersten Mal, es war immerhin bereits der achte Fahrtag, die Muße gefunden, unsere Tradition der Kaffeepause wieder aufleben zu lassen; wir haben unsere Campingstühle aufgestellt und (in Mattis in diesem Jahr erstmalig zum Einsatz kommenden AeroPress) Kaffee frisch aufgebrüht.
Für den Folgetag war die zweite Zeltübernachtung vorgesehen. Auch mangels bezahlbarer Alternativen im Monument Valley hatten wir über Airbnb einen Stellplatz auf dem Grundstück einer Familie im Navajo-Reservat gebucht. Die Bewertungen waren sehr gut, besonders gelobt wurde die heiße Dusche. Das uns bei der Ankunft unterbreitete Angebot über ein Abendessen und ein Frühstück nahmen wir gerne an.
Während wir bei starkem Wind unsere Zelte aufbauten, organisierte unsere Gastgeberin Celia eine geführte Tour mit einem Schwippschwager ihrer Schwester (oder so ähnlich) durch das Tal. Im offenen Geländewagen ging es kurze Zeit später auf staubiger Piste in Teile des Monument Valleys, die abseits der für Privatfahrzeuge erlaubten Route liegen. In einer der typischen Behausungen der Navajos trafen wir auf eine Frau in unserem Alter, die für uns mit sanfter Stimme über die Tradition ihres Volkes und die heute noch alltägliche Benachteiligung der Native Americans in den USA berichtete. Es stimmte uns sehr nachdenklich, als sie mit so viel Bitterkeit und so offensichtlicher Hoffnungslosigkeit darüber sprach, dass sie schon lange keine Tränen mehr habe und ihr nur noch die Hoffnung geblieben sei. Und dass sie die Möglichkeit einer Versöhnung mit dem Volk der Eroberer so kategorisch ausschloss.
Unser Campingerlebnis war dann eher ambivalent. Das für 19 Uhr avisierte Abendessen gab es erst nach 21 Uhr, da sich die Familie bei einer Aufführung in der Schule des Sohnes befand. Es war kalt und windig, wir indes hungrig und - das war das Schlimmste - unser im Kühlschrank der Familie deponiertes Bier unerreichbar. In Matthias’ Zelt hatte der Wind jede Menge Sand durch die Mesh-Einsätze geweht, zudem raubte ihm eine Allergie den Schlaf.
Der Zeltabbau am nächsten Morgen war aufgrund des starken Windes wieder eine Herausforderung. Dass eine gewisse Menge an Sand mit eingepackt wurde, blieb leider unausweichlich. Das Frühstück wurde nicht weiter thematisiert und fand nicht statt. Die Propangasflasche, mit der die Dusche beheizt wird, war leer und die heiße Dusche kalt. Aber ansonsten war’s schön.
Begleitet von Celias Beteuerungen des Bedauerns über etwaige Unannehmlichkeiten machten wir uns auf den Weg in Richtung Grand Canyon. Unterwegs wollten wir noch eine schnelle Besichtigung im Antelope Canyon einlegen.
Wobei in dem Fall schnell schneller sein sollte, als mir lieb war. Für die Besichtigung wurden Minibusse zeitlich gestaffelt wie am Fließband bestückt, die für uns noch verfügbaren Tickets sahen eine sofortige Abfahrt vor. Weder ein Umziehen noch ein Toilettengang wurde uns zugestanden. Als im Bus dann von einer Tourdauer von anderthalb Stunden gesprochen wurde, machte sich leichte Panik bei mir breit. Die drei Kaffees und der große Orangensaft, kurz zuvor im McDoof eingenommen, gaben bereits deutliche Erkennungszeichen von sich und mir war klar, dass das unvermeidlich im Debakel enden würde.
Das Vorhandensein von Toiletten an Eingang des Canyons wurde verneint, die Frage, ob ich mich kurz in die Büsche schlagen dürfe, mit Empörung zurückgewiesen. Begleitet von Kopfschütteln der ganzen Familie teilte mir eine amerikanische Mutti mit: „This is sacred land, guys!“. Mist, von einem Amerikaner mangelnder Kultur bezichtigt zu werden, hätte mich wirklich sehr beschämen sollen, war in dem Moment für mich aber ein sehr nachrangiges Problem. Glücklicherweise war es mir wohl aber gelungen, mein Anliegen glaubhaft zu vermitteln, denn plötzlich gab es dann doch noch ein Dixi-Klo und in der Folge eine sehr entspannte Führung durch einen superschönen Canyon. Von Mutti und Co. hingegen wurden wir keines Blickes mehr gewürdigt.
tbc …