Sonntag, 8. Juni 2025

Karg, kalt, großartig

Neufundland – oder wie man es hier schreibt: Newfoundland. Die Einheimischen sprechen es allerdings „New Finland“ aus. Der Name lässt sich vermutlich auf die erste Wikingersiedlung unter Leif Eriksson zurückführen. Die Gegend, aus der die Wikinger stammten, wurde damals Vinland genannt, was möglicherweise die heutige Aussprache erklärt. Wie dem auch sei: Wir waren eine Woche auf dieser faszinierenden Insel unterwegs – und es war spektakulär.

Nach der Überfahrt mit der Fähre haben wir gleich am ersten Tag ein echtes Highlight angesteuert: den Gros Morne Nationalpark. Besonders beeindruckend fanden wir die Tablelands – eine wüstenartige, karge Felslandschaft, die durch ein rötliches, sehr selten vorkommendes und direkt aus dem Erdmantel stammendes Gestein geprägt ist. Die berühmte Bootstour durch den Western Brook Pond war dann leider bereits ausgebucht. Also sind wir erstmal weiter gen Norden gefahren.

Unser Ziel: St. Anthony oder wie die Einheimischen sagen: "S'nan-nee". Mit dem Boot ging es hinaus aufs Meer – auf der Suche nach Eisbergen, Walen und Papageientauchern (Puffins). Und wir hatten Glück, zumindest teilweise: Die Eisberge waren da – und wie! Riesige, leuchtend blaue Kolosse, die majestätisch vor der Küste trieben. Für Wale war es noch etwas zu früh in der Saison, und auch die Puffins haben sich nicht blicken lassen. Matti waren die Eisberge (fast) egal, er hatte sich besonders auf die Papageientaucher gefreut. Die Enttäuschung war groß - so groß, dass er kurz ernsthaft überlegte, nochmal Hunderte Kilometer für einen zweiten Versuch auf sich zu nehmen.

Auf dem Rückweg haben wir dann unseren Stopp in Gros Morne nachgeholt – dieses Mal hat es auch mit der Bootstour durch den Western Brook Pond geklappt. Die steilen Fjordwände, der stille See, das Gefühl von Weite und Einsamkeit: einfach unvergesslich.

Nun sind wir zurück in Port aux Basques. Von einem Tag auf den anderen sind die Temperaturen von 33 °C auf 9 °C abgestürzt. Der ursprünglich geplante Schlenker bis ganz in den Osten nach St. John’s muss nun leider ausfallen – zu viel Strecke, zu wenig Tage und ziemlich viel vorhergesagter Regen.

Nebenbei: Obwohl Neufundland auf derselben geographischen Breite wie Düsseldorf liegt, ist das Klima hier ein völlig anderes. Der Grund: der eiskalte Labradorstrom bringt arktische Kaltluft direkt an die Küste - und damit Nebel, Regen und kräftige Abkühlung. In Mitteleuropa hingegen sorgt der Golfstrom für mildes Klima. Klimatisch liegt Neufundland daher vergleichsweise eher in Island.

Statt eines zusätzlichen Fahrtages legen wir in Port aus Basques einen Ruhetag ein: zum Wäschewaschen, Blog schreiben und Vorbereiten auf die Rückfahrt mit der Fähre.

Morgen geht es zurück nach Nova Scotia, wo mit dem legendären Cabot Trail ein weiteres Highlight unserer diesjährigen Reise auf uns wartet. Danach werden wir die letzten Tage nutzen und über ein paar schöne Umwege entlang der Küste zurück nach Halifax fahren.

Auch organisatorisch gibt es gute Nachrichten:

Unser Rücktransport der Motorräder ist nun endlich geregelt. Nachdem uns zahlreiche Speditionen abgesagt hatten – vermutlich wegen Unwägbarkeiten mit dem kanadischen Zoll – haben wir schließlich mit Daniel von den Shipping Nomads einen extrem hilfsbereiten und reaktionsfreudigen Partner gefunden, die uns großartig unterstützt hat. Mittlerweile ist der Transport nach Hamburg bestätigt. Eine große Erleichterung!

Und was die Technik angeht:

Die Transalp, bisher unser Sorgenkind, hält sich erfreulicherweise stabil – insbesondere die Kupplung, die zu Beginn Anlass zur Sorge gab, funktioniert weitestgehend unauffällig. Wir sind zuversichtlich, dass das bis zum Ende der Tour so bleibt.

Dafür machte Mattis’ Motorrad Probleme:

Zündaussetzer, der Motor ging im strömenden Regen während der Fahrt mehrere Male einfach aus; dies scheint nach Austausch der Zündkerze aber behoben zu sein. Und der Hinterreifen zeigt deutliche Verschleißerscheinungen – wir wissen nicht, ob der noch durchhält bis Halifax. Aber wie immer gilt: Irgendwie wird’s schon gutgehen.



























































Samstag, 7. Juni 2025

Routiniertes Reisen

Seit wir unterwegs sind, ist alles gleich wieder vertraut. Der Helm sitzt, die Route ist durchgeplant, alles hat seinen Platz, auch die Kaffee-Stopps. Die Routine greift sofort, als wären wir nie elf Monate weg gewesen. Der Ablauf hat sich über die vielen Jahre eingespielt – zwischen Europa, Zentralasien, Mongolei und Russland haben wir gelernt, mit Unwägbarkeiten umzugehen, ohne großes Aufheben. Diese Abgeklärtheit nimmt uns nichts, sie schenkt uns Gelassenheit. Man merkt aber auch, dass wir gegenüber Überraschungen inzwischen etwas unempfindlicher geworden sind – das Abenteuer ist eben nicht mehr ganz so neu. Und vielleicht ist es genau deshalb so angenehm, wieder in Kanada unterwegs zu sein. Alles läuft – die Straßen sind gut, die Menschen freundlich, die Infrastruktur perfekt. Nordamerikanische Mühelosigkeit in ihrer besten Form. Die Landschaft ist atemberaubend, weit, offen. Und obwohl wir schon so vieles gesehen haben, können wir uns dem nicht entziehen. Es ist zwar weniger fordernd, aber trotzdem großartig. 

Motorradfahrerisch betrachtet ist der diesjährige Streckenverlauf bisher allerdings eher… übersichtlich. Viel Highwayartiges, viel Geradeaus, wenig Kurvenrausch. Aber gut – man kann nicht jedes Jahr Panoramapässe erwischen, dafür gibt’s hier einfach zu wenig Berge. Im Gegenzug haben wir aber nun jeden Tag ausreichend Gelegenheit, uns mit einem ganz anderen Thema auseinanderzusetzen: dem Rücktransport.


Seit der ersten Stunde dieses Trips begleitet uns die Frage, wie wir unsere Motorräder eigentlich wieder nach Europa kriegen sollen. Container, Flugfracht, Hafenlogistik – die Gedanken daran sind leider so allgegenwärtig wie Mücken in der Dämmerung. Und mindestens genauso lästig.


Inzwischen steuern wir Halifax an – nicht wegen der Aussicht oder der Hummerbrötchen, sondern weil dort Ersatzteile auf uns warten. Marios Kupplung rutscht schon seit Beginn der Etappe, und auch wenn sie noch durchhält, wenn man nicht zu sehr am Gashahn dreht, wollen wir vorbereitet sein. Den schon vereinbarten Werkstatttermin sagen wir deswegen wieder ab. Der hätte uns zu lange an Halifax gebunden, und der Drang, weiterzufahren, war einfach größer. Noch hält die Kupplung – der Optimismus fährt mit.


Dann steht die Fähre nach Neufundland an. Nachtüberfahrt. Gebucht, um keine Tageszeit zu verlieren – aber der Preis dafür ist eine Nacht zwischen Schnarchen, Röcheln und der ein oder anderen geräuschvollen Flatulenz der Mitreisenden. Trotzdem schaffen wir es, ein paar Stunden Schlaf zu erhaschen und kommen in einem einigermaßen betriebsfähigen Zustand auf der Insel an.


Jetzt gilt’s: Das Beste aus diesem Riesenstück Land rausholen, solange die Kupplung noch mitmacht und der Rücktransport ungeklärt ist.


Fundy National Park: enorme Erosion und die höchsten Gezeiten der Welt




An dieser Stelle waren die Insekten nerviger als das Transportproblem

Marios Insta360-Kamera - möge sie in Frieden ruhen!










Die Airbnb-Wohnung über dem Subway

Warten,

warten,

immer noch warten