Die zurückliegenden Fahrtage waren geprägt durch das angespannte Beobachten von Niederschlagsradaren und das Einarbeiten der daraus gewonnenen Erkenntnisse in unsere Routenplanung. Nachdem das beim Losfahren in Sudbury gleich mal spektakulär schief ging und wir in einem Gewitterschauer alarmmäßig auf dem Absatz kehrt machen mussten, hatten wir spontan Parry Sound auf unserer kleinen Navi-Karte ausgesucht, weil es schön gelegen zu sein schien. Zumindest mal am See. Und recht hatten wir. Es wurde ein ungewöhnlich kurzer Fahrtag, waren wir doch (natürlich wetterbedingt) recht spät losgefahren und kamen schon am frühen Nachmittag an. Nur kurz abgeladen und dann ging’s gleich los zur Erkundung des Ortes. Am See fanden wir eine sonnenbeschienene Restaurantterrasse, die natürlich sofort mit unserer Anwesenheit beglückt wurde. Als wir unsere regengeplagten Seelen von der Sonne aufheitern ließen, fielen uns ein paar Wasserflugzeuge auf, die quasi direkt neben uns standen. Irgendwas mit Airways war darauf geschrieben. In Vancouver hatten wir in den letzten Jahren immer wieder den vielen Wasserflugzeug hinterhergeschaut und jedes, aber auch wirklich jedes Mal gesagt „Das müssen wir irgendwann auch mal machen.“ Um es dann nicht zu machen.
Auf der Restaurantterrasse in Parry Sound aber war der Nachmittag noch jung und wir bestens gelaunt, so dass wir einfach mal nachfragten, ob da nicht vielleicht was geht. Und siehe da, wir konnten direkt los und selbst die Preise untertrafen unsere Erwartungen, wir konnten es kaum glauben. Vor dem Flug wurden wir noch gewogen und es gab eine kleine Sicherheitseinweisung. Die Platzverhältnisse im Flugzeug waren ungefähr so wie in einem Fiat Cinquecento aus den Siebzigern. Es war so eng, dass man nicht im eigentlichen Sinne einsteigen konnte, sondern sich eher hereinschlängeln, winden und quetschen musste. Kopf anstoßen inbegriffen. Auf dem Sitz angekommen, war es dann aber leidlich bequem, außer dass der Pilot so nah neben mir saß, dass ich aufpassen musste, nicht ständig seinen Arm oder sein Bein zu streifen. Dann kam der Start. Es wurde laut und das Flugzeug fing an, sich in Bewegung zu setzen. Je schneller es wurde, desto härter wurden die Schläge, die die Schwimmer auf den kleinen Wellen erzeugten. Das Wasser spritzte hoch, es war ein echtes Spektakel. Und plötzlich hoben wir ab und das Gespritze und Gewackel hörte mit einem Mal auf. In der Luft war dann erkennbar, warum die Gegend 30.000 Islands genannt wird. Inselchen, so weit das Auge reichte und wenn eine groß genug war, dass man ein Haus darauf bauen konnte, stand auch eins drauf. Bei Mini-Inseln musste sich die Hausgröße auch schon mal nach der zur Verfügung stehenden Grundfläche richten. Solche Cottages werden laut Aussage unseres Piloten regelmäßig zu Preisen jenseits von einer Million verkauft. Eine Heizung gibt’s dafür allerdings meist nicht. Der Flug ging (viel zu) schnell vorbei und die Landung verlief umgekehrt wie der Start. Gespritze und Gewackel, dann Ruhe. Nachdem wir es aus dem Flugzeug rausgeschafft hatten, bemächtigte sich ein breites Grinsen unserer Gesichter. Was für ein tolles Erlebnis! Das werden wir so schnell nicht vergessen.
Nach Burger und Bier auf einer weiteren sonnenbeschienen Terrasse liefen wir zurück zum Motel und stellten fest, dass sich zwei weitere Motorradreisende dort eingemietet hatten. Hadar und Asi, ursprünglich aus Israel stammend, hatten einige Jahre in Australien gelebt und dort kurzerhand die Zelte abgebrochen und alles verkauft, um eine mehrjährige Weltreise anzutreten, die ein paar Wochen vorher in Los Angeles gestartet war. Der Kontakt war schnell hergestellt und wir hatten uns viel zu erzählen. Andere Motelgäste kamen noch hinzu und der Abend wurde immer lebhafter. Es war das Motelpersonal, was dem internationalen Austausch mit Hinweis auf die Uhrzeit ein Ende setzen musste. Von hier aus nochmal eine Entschuldigung an all die anderen Gäste, die eigentlich schlafen wollten und das unseretwegen evtl. nicht konnten. Sorry!